Mit großer Bestürzung möchten wir Ihnen mitteilen, dass der Leiter des Goethe-Zentrums Antananarivo, Herr Eckehart Olszowski, heute verstorben ist. Er ist am Sonntag, dem 8. Oktober 2017 um 5 Uhr morgens gestorbenDie Totenwache findet ab morgen Abend im CGM Analakely. Er wird am Freitag, dem 13. Oktober 2017 Ambohimalaza bestattet sein.
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Cercle germano-malagasyein enger Freund der Friedrich-Ebert-Stiftung. Wir trauern mit seinen Angehörigen, Freunden und den Mitarbeitern des CGM.
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Der achte Kontinent
Kulturelle Vielfalt in Madagaskar und die Arbeit des Goethe-Instituts
Eckehart Olschowski in seinem Burö
Das deutsche Goethe-Institut in Madagaskar kommt bei der Bevölkerung besser an als das Pendant der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Goethe-Instituts-Leiter Eckehart Olschowski wurde im März für seine Verdienste um die deutsch-madagassische Freundschaft mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Er setzt sich dafür ein, dass Madagaskar seine kulturelle Identität bewahrt.
Wenn diese Band – inzwischen ganz oben in den französischen Charts – ihre Welttournee startet, verdankt sie das nicht zuletzt der Arbeit von Eckehart Olszowski.
"Ja gut, Ratseri, Riki, Rossi - also praktisch alle, die jetzt auch im Ausland Erfolg haben, haben bei uns angefangen, seinerzeit."
Der Sänger Rossi zum Beispiel war Rinderzüchter im Süden Madagaskars, bevor er mit seiner selbst gebauten Gitarre in den Räumen des Deutschen Goethe-Zentrums auftrat. Aber nicht nur die Künstler - jeder in Madagaskars Hauptstadt Antananarivo kennt das CGM – den "Cercle Germano-Malgache". Beliebt wegen Kino, Theater und Lesungen, Seminaren, seinem Internetcafé und der Sprachabteilung - einer der größten in ganz Afrika. Das deutsche Kultur-Institut kommt bei der Bevölkerung sogar besser an als das der ehemaligen Kolonialmacht.
"Also die Hauptaufgabe der französischen Kollegen ist es, die Frankophonie zu verbreiten. Frankophonie ist für mich eine Ideologie, dahinter steht nach wie vor der Gedanke, dass natürlich die Kultur und die Zivilisation der 'Grande Nation', einschließlich ihrer Sprache, der Höhepunkt aller Zivilisation ist, und man diese Zivilisation natürlich auch überall in der Welt verbreiten will. Es versteckt sich hinter diesem Begriff der Frankophonie auch ein gerüttelt Maß Neokolonialismus."
Bis zur Unabhängigkeit 1960 erfuhren die madagassischen Kinder aus französischen Schulbüchern von ihren angeblichen "Vorfahren", den Galliern. Gehobene Schichten imitieren noch heute die französische Kultur, während der neue, anglophile Präsident vor allem auf Amerika und Deutschland setzt.
Auf dem Land dagegen herrschen die alten Traditionen. 18 Volksgruppen leben auf der viertgrößten Insel der Welt relativ friedlich nebeneinander: im Hochland die Mérina und Betsimisáraka - Reisbauern asiatischer Herkunft mit kunstvollen Reisterrassen, im Süden die Fischer der Vezo schwarzafrikanischer Abstammung, im Osten das Königreich der Antaimoro, Nachfahren arabischer Seefahrer, berühmt für ihre Astrologie. Allen gemeinsam ist der Glaube an die Macht der Ahnen. Sie bestimmen den Alltag durch ein System von "Fadys", Tabus. Auch die indo-malaiische Sprache wird – für Wissenschaftler immer noch ein Rätsel – von allen verstanden, obwohl es bis vor 200 Jahren keine Schrift gab.
Madagaskars kultureller Reichtum ist einzigartig auf der Welt. Um diesen Schatz zu wahren, besteht die Arbeit des Goethe-Zentrums zu 80 Prozent darin, einheimische Künstler zu fördern.
"Meiner Meinung nach ist es für die Entwicklung der Länder der so genannten Dritten Welt ungemein wichtig, ihre kulturelle Identität zu bewahren und fortzuschreiben. Wenn man so auf den afrikanischen Kontinent guckt, wo diese ganzen Bürgerkriege derzeit zehntausende Opfer fordern. Oft ist es darauf zurückzuführen, dass die kulturellen Unterschiede sehr groß sind. Ich meine, es ist ungemein wichtig, die kulturelle Identität zu bewahren, um überhaupt den Begriff einer Nation zu schaffen, und auf diesem Hintergrund diese Nation auch weiterzuentwickeln."
Seit über 25 Jahren führt Eckehart Olszowski das CGM durch alle Höhen und Tiefen. Als im Jahr 2002 der alte Präsident nach eindeutiger Wahlfälschung an der Macht klebte und ein monatelanger, friedlicher Generalstreik das Land lahm legte, war Olszowski einer der ersten, der offiziell für den jetzt amtierenden Präsidenten eintrat.
"a, das war eine schwierige Zeit. Aber es war auch eine sehr enthusiastische Stimmung. Hier vor meinem Fenster liefen jeden Tag Hunderttausende vorbei und haben demonstriert. Die Demonstration damals war in der Tat vergleichbar mit dem was vor dem Fall der Mauer passierte – in Deutschland – nur dass es da keine Montagsdemonstrationen waren, sondern es waren tägliche Demonstrationen. Die Leute mit einer ungeheuren Geduld und Disziplin haben da ausgeharrt. Also ich war damals sehr enttäuscht, die westlichen, die deutschen Medien an denen das völlig vorbeigegangen ist, weil, nun ja, es gab ja keine Tausende von Toten wie bei den Bürgerkriegen in Afrika, das ging alles friedlich und na ja, war wohl offensichtlich keine großen Nachrichten wert. Ich bin damals auch direkt an die Medien rangetreten in Deutschland. Da kam nicht viel dabei heraus."
"Demokratie kennt keine Nichteinmischung", lernen madagassische Intellektuelle im deutschen Goethe-Zentrum. Das hat seinem Leiter nicht nur den Zorn des Mutter-Instituts in München eingebracht. Auch die damaligen deutschen Diplomaten harrten während Madagaskars großer Krise in der Botschaft aus, als Eckehart Olszowski schon die Fahne des neuen Präsidenten schwenkte. Der Erfolg gibt ihm Recht. Madagaskar gilt derzeit als das afrikanische Musterland. Die internationalen Geldhähne sprudeln. Allerdings vollzieht sich der Wandel in den letzten zehn Jahren so rasant durch die Öffnung des Landes und Abkehr vom postkolonialen Sozialismus - der weniger sozialistisch als korrupt war -, dass viele um die madagassische Kultur fürchten. Nicht zuletzt durch den plötzlichen Boom im Tourismus.
Gerade deshalb ist die Arbeit des Goethe-Zentrums wichtig. Wenn Bundespräsident Horst Köhler jetzt dem CGM einen Besuch abstattet, hofft Olszowski nicht nur auf ideelle Unterstützung, sondern künftig auch mehr finanzielle Hilfe aus Deutschland.
Susanne Roessler
08.04.2006